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Duzen oder Siezen

Duzen oder Siezen

Ein Blick aus dem Fenster verrät: Der Sommer ist vorbei. Damit sind es auch die Tage, an denen in der Ansprache fremder Menschen auf dem Campingplatz oder am See auf eine Unterscheidung zwischen Jung und Alt verzichtet wurde, an denen ein lockeres Miteinander sich genau richtig anfühlte. Büros, Schreibtische und Computer haben uns wieder. An die Stelle der Flip Flops sind schicke Lederschuhe gerückt, und das Palavern im Café ist förmlichen Besprechungen gewichen. Damit einhergehend hat sich das förmliche Sie wieder in den Mittelpunkt geschoben. Überall? Nein! In bestimmten Situationen handeln immer mehr Deutsche entgegen der Konvention.

Für und Wider

Eigene Erfahrungen zeigen, dass der Umgang mit den Teammitgliedern von einer Auflockerung in Form eines Du profitieren kann. Jedoch schwindet mit dem weichenden Sie bisweilen auch der Respekt. Daher gilt es sorgfältig abzuwägen, wem das Du angeboten wird und wem nicht.
Zudem gibt es in diesem Bereich Tabus. Diese betreffen beispielsweise Vorgesetzte und Geschäftspartner ebenso wie Dienstleistungen erbringende Personen. Hier empfinden viele Menschen ähnlich wie wir das Gebot der Höflichkeit als missachtet, wenn zum Du gewechselt wird, denn hierzulande ist es nach wie vor gängig, Fremde zu siezen.

Du oder Sie? Ihr oder Sie?

Die Respekt bekundende Haltung begrenzt sich zunehmen auf Einzelpersonen und erfasst Gruppen immer seltener. Das folgende Beispiel verdeutlicht dies. Im Kontakt mit einer Verkäuferin oder einem Verkäufer würden die meisten Menschen fragen: „Können Sie mir mitteilen, ob das neue iPhone schon erhältlich ist?“ Anders formuliert geht das höfliche Sie jedoch oftmals verloren: „Verkauft ihr das neue iPhone schon?“.

Sie im Singular gerät zu ihr im Plural – ein überaus faszinierendes Phänomen. Möglicherweise steht das Bedürfnis dahinter, das Du anzubieten, ohne direkt mit der Tür ins Haus zu fallen, weil es als unkomplizierter und entspannter empfunden wird. Das in den Medien oft beschriebene steigende Ausmaß an Respektlosigkeit könnte damit zusammenhängen, denn Wertschätzung, Achtung und eine gewisse Distanz werden über ein Sie eher transportiert als über ein Du. Wir verbleiben somit altmodisch bei der Variante „Verkaufen Sie das neue iPhone schon?“ und denken stattdessen nun über unseren Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung nach, indem wir unsere alten Smartphones darauf untersuchen, ob sie sich nicht doch noch verwenden lassen.

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