Sprache und das Internet – droht ein Verfall?
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In vielen Internetforen wird moniert, dass es an Rechtschreib- und Grammatikkenntnissen mangele. Schadet das Internet der Sprache?
Die Gegenseite führt oftmals ins Feld, dass eine korrekte Rechtschreibung nicht erforderlich sei, solange der Text verstanden werde. Grammatikregeln müssten nicht einstudiert sein. Lediglich einigermaßen schreiben zu können, sei vonnöten.
Häufig weisen nicht nur schriftliche Beiträge der in dieser Weise Kritisierten Fehler auf, sondern auch sich um die Zukunft der Sprache Sorgenden schreiben bei Weitem nicht immer sicher. Sind derlei Befürchtungen denn grundsätzlich gerechtfertigt?
Bestandsaufnahme
Expertinnen und Experten sind sich hier nicht einig. Es ist keine Bestandsaufnahme, sondern eine prognostische Aussage gefragt.
Zu konstatieren gilt es zunächst, dass entgegen kulturpessimistischer Klagen in den aktuellen Zeiten der Internetdominanz so viel geschrieben wird wie nie zuvor – so der Stanford Study of Writing zu entnehmen. Blogs, Chats und Foren veranlassen insbesondere jüngere Menschen zum Schreiben, wenngleich sich nicht eine Kohorte von Dichter*innen und Denker*innen oder Deutschlehrenden herausbildet.
Verschiedene Perspektiven
Nun ist eine im Umgang mit Sprache geübte Person imstande, zwischen verschiedenen Registern zu wechseln. Ähnlich wie Politiker*innen, die vom Hochdeutschen in ihren Dialekt wechseln, wenn sie eine Kneipe betreten, können manche Internetnutzende vom Kürzelsprech der Chatrooms zu lupenreinem Bildungsbürgerdeutsch übergehen, sofern es beispielsweise eine wissenschaftliche Arbeit zu schreiben gilt.
Fraglich sind jedoch die Auswirkungen des im Internet vorzufindenden Sprachduktus auf Jüngere, die sich noch im Lernprozess befinden, und ohnehin in der Anwendung der Schriftsprache unsichere Erwachsene. Das Aneignen von Orthografie und Stil wird zu einem großen Teil auch durch visuelle Aufnahme und Nachahmung geprägt. Der schulische Deutschunterricht ist nicht ausschlaggebend. Sollte jemand in einem formellen Kontext, etwa im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens, also bestehen wollen, gilt es achtsam zu sein.
Fazit: Sprachverfall – ja oder nein?
Anders verhält es sich mit der Annahme eines generellen Sprachverfalls. Grundsätzlich ist in der stets voranschreitenden Entwicklung einer Sprache etwas, das von einer wachsenden Mehrheit an Sprechenden gemäß den jeweils geltenden Regularien falsch umgesetzt wird, irgendwann richtig. Andernfalls wäre die große auf dem Proto-Indoeuropäischen gründende Vielfalt an Sprachen nur ein unübersichtliches Gebilde an falschen Anwendungen der Vorgängersprache, die seit Menschengedenken nicht mehr zum Einsatz kommt.
Ist der Übergang von der Abweichung zur neuen Norm nicht abgeschlossen, riskiert jedoch jede*r, die oder einer nicht etablierten Modeerscheinung folgt, Aversionen seitens Sprachkritiker*innen und ein Nichtbestehen in formalen Kontexten.